Wenn Katzen kratzen

Warum setzen Katzen ihre Krallen ein und wie können Sie verhindern, dass sie es ausgerechnet an Ihren wertvollsten Möbelstücken tun

Das Kratzen oder Krallen wetzen kann den Funktionsbereichen Körperpflege und dem Markierverhalten zugeordnet werden, ist also natürliches Verhalten. Hauskatzen benutzen dabei nur die Vorderpfoten, die sie über, bzw. durch eine rauhe Oberfläche ziehen; dabei werden Fremdkörper (Dreck) und Krallensplitter entfernt, die Krallen so gepflegt und funktionstüchtig gehalten. [Die Krallen der Hinterbeine werden mit den Zähnen gepflegt. Sie kommen nicht nur beim Beschleunigen, schnellen Laufen und Klettern zum Einsatz, sondern auch beim "Nahkampf" mit Artgenossen. Dementsprechend "treten" manche Katzen, vor allem junge, gelegentlich auch die Sofa- oder Sessellehne mit den Hinterbeinen, wenn sie ihre "wilden fünf Minuten" ausleben.]

Das Krallen wetzen wird aber auch im sozialen Kontext gezeigt. Es kann als optische Dominanz Gebärde dienen – bei anwesenden Artgenossen – oder ein Zeichen von Erregung sein. Es dient aber (hauptsächlich?) als optische und geruchliche Markierung, indem die Katze aus Drüsen ihrer Fußsohle Duftstoffe auf dem so behandelten Gegenstand hinterlässt – und zwar ihre höchst eigene Duftmischung, die von ihr selbst und anderen Katzen erkannt und auch von anderen unterschieden, von uns Menschen aber nicht wahrgenommen wird [wir sind mit schrecklich mangelhaften Sinnen ausgestattet!].

Für diese Markierung suchen Katzen meist mehrere, aber immer dieselben Gegenstände auf, die meist im Kernbereich des Territoriums (Revier 1. Ordnung) an gut zugänglichen Stellen liegen. Das Wichtigste an diesen Gegenständen ist dabei weniger die Ausrichtung (stehend oder liegend), sondern eine rauhe und griffige Oberfläche, durch die die Katze ihre Krallen ziehen kann und die das Duftgemisch aufnimmt. Die verschiedenen chemischen Substanzen der Duftmarkierung sind unterschiedlich flüchtig, geben Artgenossen dadurch u.a. das Alter der Markierung an und müssen deshalb regelmäßig erneuert werden. Nach kurzer Zeit ist die Markierung dann schon von weitem optisch zu erkennen.

Kratzen (und auch Klettern) ist also natürliches Verhalten, für das ein entsprechendes "Möbel" benötigt wird. Die Freigänger unter den Hauskatzen können ihre bevorzugten Kratzgelegenheiten draußen fast beliebig wählen (benutzen z. B. auch Bäume, sind einem Kratzpfosten in der Nähe ihres Schlafplatzes aber keineswegs abgeneigt), reine Wohnungskatzen sehen sich bei der Ausübung ihrer artspezifischen Verhaltensmuster dagegen oft von hysterischen Besitzern bedroht. Wenn Sie also nicht möchten, dass Ihr Ledersofa langsam aber sicher zum Wildledersofa mutiert, kaufen oder bauen Sie lieber gleich mindestens einen Kratzbaum. Aber damit ist es in der Regel nicht getan, Sie müssen das neue Kratzmöbel eingewöhnen. Denn was uns ganz attraktiv erscheint, ist der zu den Makrosmaten (die mit dem großen Riechhirn) zählenden Katze ziemlich egal oder vielleicht sogar unappetitlich, weil es nach Kleber und sonst was riecht und wir müssen der Katze das gute Stück erst einmal sympathisch machen. Sie können den Kratzbaum zunächst geruchlich attraktiver gestalten, indem Sie ihn mit Baldrian oder Katzenminze betupfen. [Achtung! Überprüfen Sie vorher die Wirkung, wenn Sie noch nicht wissen, ob diese Düfte überhaupt auf Ihre Katze anziehend wirken. Manche intakten Kater reagieren aggressiv darauf.]

Wichtig ist aber, dass die Katze denn tatsächlich ihre Krallen an dem Kratzbaum wetzt. Die Katze vor den Kratzbaum zu setzen, ihre Vorderbeine zu nehmen und mit den Pfoten über den Pfosten zu streichen, ist keine sehr gute Idee. Die meisten Katzen halten überhaupt nichts davon, so manipuliert zu werden und legen direkt den Rückwärtsgang ein. Sie zum Kratzbaum zu tragen und davor abzusetzen, ist völlig o.k., aber anschließend erzielt man wesentlich bessere Erfolge, wenn man sie zum selbständigen Kratzen motiviert. Entsprechendes Spielzeug, z.B. ein Stöckchen oder eine Schnur, die am Pfosten hoch bewegt wird, wirkt sehr anregend, oder Sie kratzen selbst mit den Fingernägeln über den Kratzbaum [Vorsicht, halten Sie sich hoch genug oder ziehen Sie rechtzeitig die Hand weg (in diesem Fall ausnahmsweise erlaubt).] Sie sollten Ihre Katze in den nächsten Tagen noch öfter so zum Benutzen des Kratzbaums anregen und natürlich kräftig dabei loben. Wenn Sie Ihre Katze oft beobachten, können Sie auch ihre bevorzugten "Kratz Zeiten" ausnutzen (z.B. nach dem Aufstehen).

Das Kratzen an nicht dafür vorgesehenen Stellen kann aber auch erlernt sein, z.B. als aufmerksamkeitsförderndes Verhalten. Beispiel: Ihre Katze wetzt – mehr oder weniger zufällig – an einer für Sie unerwünschten Stelle ihre Krallen, Sie sehen dies, reagieren aufgebracht und scheuchen sie fort. Die meisten Katzen brauchen mehrere dieser Erlebnisse, aber einigen reicht schon ein einmaliger Vorgang, um zu lernen, dass das Kratzen an einer bestimmten Stelle im Haushalt dazu führt, dass Sie sich ihr zuwenden, ihr Ihre Aufmerksamkeit schenken. Denn der Clou an der Geschichte ist, dass Ihr Schimpfen keineswegs immer eine Bestrafung darstellt, sondern in erster Linie Zuwendung!

Ähnliches gilt für das Kratzen an der Türe (oder lang anhaltendes Maunzen), das dann belohnt wird, wenn es der Katze zu einem Erfolg verhilft, d.h. sie wird dort hin gelassen, wo sie hin will. Kurzer Exkurs: Die lästigste
und ärgerlichste Erfindung des Menschen – aus der Sicht der Katze – sind Türen. Sie sind in der Evolution der Katze nicht vorgesehen und stellen eine für sie höchst überflüssige Einrichtung dar, weil sie ständig den Weg versperren und die Hilfe des Menschen erfordern. Wenn eine Katze gelernt hat, dass es jenseits einer Türe Interessantes zu entdecken gibt und vor allem, dass sie überhaupt dort durchgehen kann, dann stellt die verschlossene Türe natürlich ein Problem dar. Wie also verhält sich unsere Katze? Sie kann zunächst warten und, egal was sie anstellt, wenn sie nicht durch die Tür kommt, wird die Geschichte hier langweilig – und zwar
nicht nur für uns, sondern auch für die Katze, und sie wird aufgeben. Aber in unserer Geschichte kommt sie natürlich durch die Tür. Und entscheidend ist dabei, was genau die Katze tut, wie sie sich verhält, kurz bevor die Tür aufgeht. Sie kann z.B. mit den Vorderbeinen an der Tür hochspringen, weil eine andere Tür in der Wohnung sich so öffnen lässt. Sie stehen zufällig daneben, erkennen ihr Bedürfnis und öffnen die Tür. Wenn Sie nicht anwesend sind, reckt die Katze sich vielleicht öfter an der Tür empor und kratzt beim Herunterrutschen darüber – ein Geräusch, auf das Sie reagieren? Wenn Sie Ihrer Katze die Tür jetzt öffnen, hat sie wahrscheinlich etwas neues gelernt und Sie sollten sich um die Zukunft Ihrer Tür Gedanken machen!

Wenn Sie Ihre Katze jetzt schimpfen, verhalten Sie sich ihr gegenüber völlig unberechenbar (immerhin haben Sie das gleiche Verhalten eben noch belohnt)! Es gibt selbstverständlich zahlreiche andere Möglichkeiten. Die hier beschriebenen Fälle sind mögliche Lernvorgänge, sie treten nicht zwingend in solchen Situationen auf, sondern können von sehr vielen Faktoren beeinflusst werden, u.a. vom Charakter der Katze und von der Beziehung zwischen Ihnen beiden.

1. Vorsitzende: Christa Becker, ( (0 21 29) 3 16 49 Verein: AG-Tiere
Bankverbindung: Deutsche Bank, Monheim, Konto-Nr: 41 00 103, BLZ 300 700 24
Gemeinnütziger Verein mit Steuer-Nummer 135/5795/1399 beim Finanzamt Hilden.
Eingetragener Verein beim Amtsgericht Langenfeld VR 658