aus FR vom 08.06.24

Hund zum Sterben an einen Baum
im tiefen Wald angekettet/wurde gerettet

Hund an Baum gefesselt

Tagelang ist Schäferhündin Liv an einen Baum gekettet – sie kann sich nicht hinlegen, ist total abgemagert und verletzt. Nur durch Zufall findet sie ein Jagdpächter.

Spangenberg – Das Tierheim erreichte am Sonntag ein erschütternder Hilferuf. So schildert Rolf Pomplun, Vorsitzender des Vereins „Ein Heim für Tiere“, was ihm Melsunger Polizisten berichteten. Ein Jagdpächter hat in Spangenberg (Schwalm-Eder-Kreis) einen Hund im Wald gefunden, der zum Sterben ausgesetzt wurde. Das Tierheim erstattete Strafanzeige.

Schäferhündin in Spangenberg ausgesetzt und an Baum gebunden –
Tier abgemagert und verletzt gefunden

Hund an Baum gefesselt2

Eine junge Schäferhündin war in der Nähe des Spangenberger Stadtteils Kaltenbach gefunden worden. „Die junge Hündin war auf grausamste Weise ihrem Schicksal überlassen worden“, sagt Pomplun. Solche Fälle kämen gefühlt immer häufiger vor: „Wir sind tiefst erschüttert über die zunehmende Verrohung der Menschheit.“

Mit einer kurzen Halsbandkette sei die Hündin fernab von Straßen und Wegen, am tiefsten Punkt eines bewaldeten Taleinschnitts zum Sterben an einen Baum gekettet gewesen, sagt Pomplun.

Es werde angenommen, dass die Hündin bereits am Donnerstag dort festgebunden worden war. „Nur durch einen glücklichen Zufall wurde die Hündin am Sonntag von einem Jagdpächter entdeckt, der sofort die Polizei alarmierte“, zeigt sich Pomplun erleichtert.

Die Entdeckung: Jagdpächter findet Schäferhündin in Spangenberg rein zufällig

Die Hündin sei zum Sterben ausgesetzt worden, sagt Pomplun. Der Fundort sei so gewählt worden, dass die Hündin eigentlich nicht hätte entdeckt werden sollen. In einer kleinen Schlucht in einem Waldstück in der Nähe des Stadtteils Kaltenbach. „Es war purer Zufall, dass der Jagdpächter die Hündin entdeckte“, sagt der Vereinsvorsitzende.

Die verständigte Polizei habe wegen eines anderen Einsatzes nicht warten können. Der Ortsvorsteher Kaltenbachs habe das Team vom Tierheim in Empfang genommen.

Mit einem Traktor sei er über Felder und Wiesen an den abgelegenen und nur sehr schwer zugänglichen Ort gefahren. „Genau wegen solcher Einsätze verfüge das Tierheim über ein geländegängiges Auto“, sagt Pomplun. Etwa 80 Meter sei es Böschungen hinunter gegangen.

Die Rettung: Schäferhündin reagiert aggressiv auf Tierschützer – Annäherung nur mit Hilfsmittel möglich

Die Mitarbeiter tauften die junge Hündin auf den Namen Liv – wie Leben. Liv sei extrem verängstigt gewesen – „sie war geradezu panisch“. „Für die Hündin ging es um Leben und Tod. Sie war offensichtlich schon mehrere Tage dort angebunden. Wir vermuten seit Donnerstag.“

Nach einem solchen Trauma sei der erste Kontakt schwierig. Der Selbstschutz sei ein wichtiger Punkt. „Eine Rettung unter diesen Umständen ist für unsere Mitarbeiter sehr gefährlich.“ Die Hündin sei extrem aggressiv gewesen – verständlicherweise. Eine Annäherung ohne Hilfsmittel sei wegen der Gefahr nicht möglich gewesen.

„Es kann sein, dass die Hündin dort tagelang nicht einmal liegen konnte.“

„Wir haben der Hündin mit einer Hundefangstange ein Halsband angelegt.“ Erst dann habe sich eine Mitarbeiterin der fixierten Hündin nähern und die Kette vom Baum lösen können. Besonders grausam: Die Versuche des Tieres, sich hinzulegen, seien oft an der Kette gescheitert. „Es kann sein, dass die Hündin dort tagelang nicht einmal liegen konnte“, befürchtet Pomplun. Denn immer wieder habe sich die Gliederkette verhakt.

„Wir haben der Hündin schließlich Futter und Wasser angeboten, damit sie sich beruhigt. An der Haltestange sei es dann die 80 Meter die Böschung hinauf gegangen. Eine totale Strapaze sei das für die völlig verstörte und abgemagerte Hündin gewesen. „Wer macht so etwas? Ein Hund ist ein fühlendes und leidendes Wesen.“ Im Auto sei Liv in eine Transportbox gekommen.

Im Tierheim: Tierschützer kümmern sich um Schäferhündin – Liv wird in Zwinger gefüttert und beruhigt

„Im Tierheim haben wir die Hündin in einen Zwinger gebracht und sie über Stunden beruhigt und gefüttert.“ Langsam sei eine Verbindung zu ihr aufgebaut worden. „Wir bieten dem Hund an, sich einer Person zu nähern.“ Am Sonntag habe sie noch niemand anfassen können. „Erst am Montag konnten unsere Tierärztin Kristin Kopper-Schmidt und unsere Hundetrainerin Conni Reiß Liv dann erstmals anfassen und untersuchen. Dort wo die Kette lag, hat sie offene und blutende Stellen, dazu noch weitere offene Stellen und ist stark abgemagert.“

Misshandlungsspuren gebe es nicht – jedenfalls keine Offensichtlichen. Allerdings müsse sie schon zuvor wenig Futter bekommen haben. „Das Alter von Liv schätzen wir auf ein Jahr.“ Mittlerweile mache sie einen zugänglichen Eindruck. Aber das gelte alles unter Vorbehalt.

Die Aussetzung: „Liv konnte nicht einmal den Kopf auf den Boden legen.“

„Diese Art von Aussetzen ist maximal grausam. Sie hatte unglaubliches Glück, gefunden worden zu sein – so weit ab vom Schuss im hohen Dickicht.

„Der Besitzer hat dem Hund keine Chance gegeben. Liv konnte noch nicht einmal den Kopf auf den Boden legen.“ Sie müsse dort tagelang zum Verrecken angebunden worden sein.

Kontakt zum Tierheim

Das Tierheim Beuern ist telefonisch unter der Nummer 05662/6482 und per E-Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. erreichbar.

„Der Hund sollte sterben, das macht uns traurig und ist unfassbar. Hätte der Tierbesitzer sie einfach rausgelassen oder bei uns abgegeben. Wir fragen uns, was jemanden zu so einer Tat treibt“, sagt Pomplun.

Das weitere Vorgehen: Liv bleibt in den kommenden Wochen im Tierheim – Neues Zuhause gesucht

Liv werde in den nächsten Wochen aufgepäppelt, dann werde ein liebevolles neues Zuhause für die Schäferhündin gesucht. Über das Wesen von Liv lasse sich noch nicht viel sagen, zu frisch sei der Schock des Aussetzens. In dieser Form sei das auch eher selten, zwei Fälle habe es in den vergangenen Jahren gegeben.

Üblicherweise würden die Tiere so ausgesetzt, dass sie gefunden werden – zum Beispiel an Rastplätzen oder auch direkt beim Tierheim. Die dringende Bitte von Rolf Pomplun: Wer sein Tier – gleich aus welchen Gründen – nicht mehr halten könne, möge sich beim Tierheim melden – gemeinsam werde ein Weg gefunden.

Eine Strafanzeige wegen des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz sei gestellt worden, sagt Pomplun abschließend. (Damai Dewert)