aus  Bayrisches Allgäuer Wochenblatt vom 29.11.22

25-jähriger Landwirt muss ins Gefängnis -
Allgäuer Tierschutzskandal

Deutliches Urteil für die zwei Landwirte im Allgäuer Tierschutzskandal.
Junior bekommt Haftstrafe, Senior Bewährung und Geldstrafe.

Memmingen Das Urteil im ersten Prozess am Landgericht Memmingen im Rahmen der Allgäuer Tierschutzskandale ist gefallen. Mit einer Gesamtstrafe von zwei Jahren auf Bewährung für den 68-jährigen Senior Johann H., und einer Haftstrafe von zwei Jahren und 10 Monate für seinen 25-jährigen Sohn Florian H. fiel es doch sehr deutlich aus.

Tierschützer im Gericht vor Ort

Das Interesse an der Urteilsverkündung - der Schuldspruche war in der letzten Woche nach den Plädoyers vertagt worden - war wiederum sehr groß. Etliche Tierschützer waren vor Ort, die sich im Anschluss mit Genugtuung über das Strafmaß äußerten, wie etwa Friedrich Mülln von der Soko Tierschutz.

Richter Christian Liebhart hob in seiner einstündigen Urteilsbegründung nochmals exemplarisch einzelne Verstöße der beiden Angeklagten gegen das Tierschutzgesetz auf. Diese mündeten wiederholt in dem Vorwurf der Unterlassung: Trotz offensichtlicher Behandlungsbedürftigkeit betroffener Rinder und Kälber und wiederholter konkreter behördlicher Vorgaben zur Beseitigung der Missstände wurden sie nicht oder zu spät tätig. Tierärzte wurden nicht oder zu spät angefordert. Hierdurch erlitten die betroffenen Tiere länger andauernde erhebliche Schmerzen und mussten als Folge oftmals not-getötet werden. Das Argument, überfordert gewesen zu sein, wollte das Gericht nicht gelten lassen. Als „erfahrene“ Landwirte hätten sie die Pflichten im Umgang mit Tieren gekannt und hätten entsprechend handeln müssen.

Geldstrafe: 12 000 Euro an den Gnadenhof

Auf den Hofstellen der Landwirte hatten „verheerende Bedingungen“ geherrscht. Die Stallungen seien völlig überfüllt gewesen. Die Anzahl der vorhanden Liegeplätze habe in keinerlei Relation zur Anzahl der dort gehaltenen Tiere gestanden.

Die unterschiedliche Strafhöhe resultiere in erster Linie aus der unterschiedlichen Anzahl von Fällen, für die die Angeklagten verurteilt wurden. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass ein Fall nicht einem betroffenen Tier entspricht, sondern regelmäßig jeweils mehrere Tiere betroffen waren. Im Falle des Seniors wurden dessen Alter und Gesundheitszustand strafmildernd gewertet, ebenso dessen Geständnis und die Belastung durch die lange, mehrjährige Verfahrensdauer. Als eine von mehreren Bewährungsauflagen muss er 12 000 € an einen Gnadenhof bezahlen.

Landwirte erhalten Tierhaltungsverbot

Beim Junior brachte der Richter ausdrücklich die „Ignoranz“ gegenüber behördlichen Anweisungen vor und zudem einen Verstoß gegen ein vorläufiges Tierhaltungsverbot. Gegen beide Angeklagte wurde ein 5-jähriges Tierhaltungsverbot ausgesprochen.

Mit einer Belehrung des Seniors über die dringende Einhaltung der Bewährungsauflagen endete der Prozess. Gegen das Urteil können die Staatsanwaltschaft und die Angeklagten innerhalb einer Woche Revision einlegen.