Brief eines Schweins vor der Hinrichtung schweine  3

Das alles für einen völlig überflüssigen Gaumenkitzel !!!!! 

Ich schreibe diesen Brief ein paar Stunden vor meiner Hinrichtung. Das mag seltsam klingen, weil niemand etwas davon  gesagt hat, aber mit der Zeit spürt man das, glaube ich. Vor einiger Zeit kam ich auf die Welt und ich erinnere mich sehr gern an diese Zeit. Ich war eines von fünf Kindern. Wir waren alle gleichzeitig da und meine Mutter hat sich sehr liebevoll um uns gekümmert. Es war eine herrliche Zeit voller Abenteuer. Wir konnten essen, soviel wir sollten, durften den ganzen Tag spielen, alles war friedlich und mittlerweile weiß ich, dass wir ein Privileg hatten. Und dann hat sich von einem Tag zum anderen alles verändert. Wir kamen alle in einen Zug. Die Älteren von uns wussten wohl, was auf sie zukommt. Einige haben sich gewehrt und wir Kleinen standen daneben, als sie einer Kuh alle Beine gebrochen haben. Sie konnte nicht mehr weitergehen und immer wieder schlugen sie auf sie ein und es hat lange gedauert, bis sie in ihrem eigenen Blut erstickt ist. Wir konnten nichts machen - nur stumm zusehen.

Zwei Tage und Nächte kauerten wir in diesen engen Käfigen auf dem Transport. Es war so viel Weinen zu hören. Manchmal verstummte es, wenn jemand aufgegeben hatte. Dann kamen wir an. Und so, wie wir hineingejagt wurden, schlug man uns in eine neue Heimat.

Zwei Brüder von mir hatten es nicht überlebt. Sie sperrten uns in Ställe, die so klein waren, dass es immer mühsam war, sich überhaupt zu drehen und es scherte sich keiner, wer wir waren und zu wem wir gehörten. Von diesem Tag an habe ich nie wieder die Sonne gesehen, nicht den Mond. Ich habe nie wieder den Duft einer Blume genossen, noch die Stimmen der Vögel gehört.

Es kamen meistens drei Männer, haben wahllos in den Stall gegriffen, die Schweine an den Ohren gepackt, an den Beinen und sie hinausgetragen. Jedes Mal haben wir alle zugesehen und uns still verabschiedet. Wenn sich jemand gewehrt hat,, haben sie mit einem großen Hammer auf den Kopf geschlagen, solange, bis sich nichts mehr bewegt hat. Komisch, mit der Zeit haben wir uns daran gewöhnt und waren dankbar für jeden Tag, den man uns gab. Jeder Tag, der eigentlich nichts zu geben hatte. Bloß Warten. Als sie meine Mutter geholt hatten, war es sehr schlimm. Und trotzdem hatte sie noch die Kraft, sich mit einem Blick von uns Überlebenden zu verabschieden. Ich weiß, dass ich meine Mutter wiedersehen werde. Irgendwann, irgendwo; das fühle ich; genauso, wie ich weiß, dass ich nicht mehr lange hier bin.

Brief eines Schweines von Wolfang Edelmayer