aus Wildtierschutz Deutschland e.V.vom 13.07.25 
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Brachiale Schützenfesttradition in Willich:
Feuerwerk versetzt Vögel in Todespanik

Feuerwerke sind ja schön anzusehen, aber für diesen menschlichen Spaß zahlen diejenigen einen hohen Preis, nämlich oftmals mit dem Leben, in deren Lebensraum eingegriffen wird.

Genauso wie Tierversuche inzwischen wegen technisch hoch entwickelten Alternativ-Methoden überflüssig geworden sind, sind auch Feuerwerke aus der Zeit gefallen, die Drohnen-"Feuerwerke" sind mindestens genauso schön. Wir trauern immer um die Tiere, die Feuerwerken zum Opfer fallen.

Hier wieder ein Beispiel: 

Willich - Schon bevor es richtig losgeht, ist es laut. Musik läuft und unzählige Menschen mit brennenden Fackeln stehen an diesem Samstag rund um den Teich im Konrad-Adenauer-Park in Willich (NRW). Dann wird das Feuerwerk auf drei künstlichen Inseln gezündet, ohrenbetäubendes Knallen und grelles Licht in unterschiedlichsten Farben.

Zwei Stockenten flattern in Panik über den Teich und stürzen sich zunächst in das ins Wasser hängende Trauerweidengeäst. Sie sind flugunfähig, entweder noch nicht erwachsen oder in der Mauser. Enten können während des sommerlichen Gefiederwechsels für einige Wochen nicht fliegen. Sekunden später flüchten die beiden Enten aus dem Weidengeäst in eine Ecke des Teiches bis direkt vor die Füße der am Ufer stehenden Menschen. Dort geraten sie außer Sicht. Ob sie auf ihrer panischen Flucht verletzt wurden oder gar umkamen, bleibt unbekannt.

Zwei nach dem Schützenfest aus dem Teich gezogene junge Ringeltauben.

Zwei nach dem Schützenfest aus dem Teich gezogene junge Ringeltauben.

Fatal endet das Feuerwerk für zwei junge Ringeltauben, sie treiben am nächsten Morgen unter den Ästen einer großen Trauerweide tot im Wasser – in Angst und Panik aus dem Nest gestürzt. Auch das Blässhuhn in der Ufervegetation hatte sein Gelege während des Feuerwerks verlassen, sitzt aber am nächsten morgen wieder auf dem Nest. Die Eier der zweiten Jahresbrut waren gerade erst gelegt und vermutlich noch nicht bebrütet, daher könnte es für die Blässhühner geraden noch gut gegangen sein.

Mit Sicherheit waren weitaus mehr Tiere betroffen, deren Schicksal nicht beobachtet werden konnte. Auf dem Parkteich wurde noch am Tag des Feuerwerks ein Zwergtaucher gesehen, ein relativ seltener kleiner Wasservogel, der dort möglicherweise brütet. In den alten Bäumen rund um den Teich dürften zahlreiche weitere Vögel brüten bzw. bis zum Beginn des Feuerwerks gebrütet haben. 

Der Monat Juli ist Brutzeit für sehr viele Vogelarten. Zahlreiche Singvögel sind dann mit den zweiten oder dritten Bruten des Jahres beschäftigt. Spät brütende Vögel wie der Zwergtaucher ziehen jetzt ihre erste und zumeist einzige Jahresbrut auf. Durch die Kombination aus enormer Lautstärke und plötzlichem grellem Licht ist die Fernwirkung von Feuerwerken massiv. Auch weit entfernt werden viele Tiere in Panik versetzt und vertrieben. Es ist daher weit über den Konrad-Adenauer-Park hinaus mit verlorenen Bruten und verletzten oder zu Tode gekommenen Vögeln und anderen Tieren zu rechnen.

Wie absurd ist es, während der Mauser und der Brutzeit der Vögel ein Feuerwerk auf (!) einem von Nistplätzen umgebenen Teich zuzulassen? Für die Stadt Willich geht Tradition vor Tier- und Artenschutz.

Beim jährlichen Silvesterfeuerwerk wurden vielfach Massenfluchten von Vögeln über enorme Strecken und bis in große Höhen dokumentiert. Zwar sind die Auswirkungen des Silvesterfeuerwerks besonders extrem, weil es – zumindest in dicht besiedelten Regionen – annähernd flächendeckend stattfindet. Aber auch einzelne Feuerwerke lösen Panik aus, die für viele Tiere tödlich endet, insbesondere während der Brutzeit.

 

Alle wildlebenden Vogelarten sind nach Bundesnaturschutzgesetz besonders geschützt und unterliegen dem Verletzungs- und Tötungsverbot gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Dieses besagt, dass Individuen dieser Arten keinem signifikant erhöhten Verletzungs- und Tötungsrisiko ausgesetzt werden dürfen. Im Fall des Schützenfest- Feuerwerks in Willich ist somit gegen geltendes Artenschutzrecht verstoßen worden, denn das signifikant erhöhte Risiko und seine Folgen wurde dokumentiert. Das Artenschutzrecht gilt immer. Es ist unerheblich, ob ein Feuerwerk genehmigungs- oder nur anzeigepflichtig ist. Es war artenschutzrechtlich unzulässig und hätte nicht während der Brutzeit stattfinden dürfen.

Rechtlich zweifelhaft ist auch die von der Stadt Willich in Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde durchgeführte Entfernung des neu gebauten Blässhuhnnests, um Schäden an möglichen Gelegen oder Jungvögeln infolge des Feuerwerks zu verhindern. Zudem hat es nichts genützt, denn die Blässhühner haben ihre Zweitbrut ins erste Nest gelegt.

Feuerwerke führen immer, auch außerhalb der Brutzeit, zu massiven Beeinträchtigungen für Tiere. Wir fordern deshalb nicht nur von der Stadt Willich, sondern von allen, auf Feuerwerke aus Rücksicht auf unsere nicht-menschlichen Mitbewohner generell und zu jeder Jahreszeit zu verzichten.

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Dazu passend: Petition für ein böllerfreies Silvester

 

Pressemitteilung vom 16. Juli zum Thema:

Schützenfest-Feuerwerk in Willich: Tödliche Folgen für Vögel | Wildtierschutz Deutschland fordert Konsequenzen

Willich – Das am vergangenen Freitag, den 11. Juli, im Konrad-Adenauer-Park in Willich abgebrannte Schützenfest-Feuerwerk hat zu tragischen Konsequenzen für die heimische Vogelwelt geführt. Sämtliche Vögel rund um das Parkgelände wurden bei ihrer Brut massiv gestört und in Panik versetzt und viele fanden den Tod. Wildtierschutz Deutschland dokumentierte das Geschehen vor Ort und prangert den Verstoß gegen das Bundesnaturschutzgesetz an.

Eine aufmerksame Bürgerin beobachtete, wie bei Einsetzen des Feuerwerks, das von drei künstlichen Inseln im Parkteich gezündet wurde, zwei Stockenten in panischer Flucht über den Teich flatterten. Die flugunfähigen Enten – entweder noch nicht erwachsen oder in der Mauser – stürzten sich zunächst in das ins Wasser hängende Trauerweidengeäst und flüchteten anschließend direkt vor die Füße der am Ufer stehenden Menschen. Ihr weiteres Schicksal bleibt ungewiss.

Am Morgen danach bestätigte sich die Befürchtung: Unter dem Geäst einer großen Trauerweide fand die Beobachterin zwei tote junge Ringeltauben im Wasser. Die Jungvögel waren offensichtlich in Panik aus ihrem Nest gestürzt und im Teich ertrunken. Auch ein Blässhuhn hatte sein Gelege in der Ufervegetation während des Feuerwerks verlassen, kehrte jedoch am nächsten Morgen auf sein Nest zurück. Da die Eier der zweiten Jahresbrut gerade erst gelegt und vermutlich noch nicht bebrütet waren, könnte es für dieses Gelege glücklicherweise noch glimpflich ausgegangen sein.

„Es ist mit Sicherheit davon auszugehen, dass weitaus mehr Tiere betroffen waren, deren Schicksal nicht beobachtet werden konnte“, erklärt Dr. Martin Steverding, Vorstandsmitglied und Diplom-Biologe bei Wildtierschutz Deutschland. „Auf dem Parkteich wurde noch am Tag des Feuerwerks ein Zwergtaucher gesichtet, ein relativ seltener Wasservogel, der dort möglicherweise brütet. In den alten Bäumen rund um den Teich dürften zahlreiche weitere Vögel gebrütet haben oder noch brüten.“

Der Monat Juli liegt noch mitten in der Brutzeit für viele Vogelarten, einige beginnen sogar erst spät mit dem Brutgeschäft, andere sind mit ihrer zweiten oder dritten Jahresbrut beschäftigt. Die Kombination aus enormer Lautstärke und plötzlichem grellem Licht bei Feuerwerken hat eine massive Fernwirkung. Auch weit entfernt werden viele Tiere in Panik versetzt und vertrieben. Es ist daher weit über den Konrad-Adenauer-Park hinaus mit verlorenen Bruten und verletzten oder zu Tode gekommenen Vögeln und anderen Tieren, wie Fledermäusen, zu rechnen.

 

Wildtierschutz Deutschland kritisiert die Stadt Willich scharf: „Das Feuerwerk hätte während der Brutzeit unter keinen Umständen stattfinden dürfen“, so Dr. Martin Steverding. „Die Stadt Willich hat mit der Zulassung dieses Feuerwerks eindeutig gegen das Verletzungs- und Tötungsverbot gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes verstoßen. Nach gültiger Rechtsprechung liegt ein Verstoß vor, wenn das Verletzungs- und Tötungsrisiko für die betreffenden Tiere signifikant erhöht ist – dies war hier zweifelsfrei der Fall.“

Auch die von der Stadt Willich in Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde durchgeführte Entfernung eines neu gebauten Blässhuhnnests, um angebliche Schäden zu verhindern, ist rechtlich zweifelhaft und führte zudem zu nichts, da die Blässhühner ein altes Nest für das Zweitgelege nutzten.

Auch außerhalb der Brutzeit führen Feuerwerke zu starken Störungen und zu großer Verletzungsgefahr für Tiere. „Wir fordern daher die Stadt Willich und alle anderen Kommunen auf, Feuerwerke in direkter Nähe zu den Lebensräumen wildlebender Tiere, Tierheimen und anderen Tierhaltungen in Zukunft nicht mehr stattfinden zu lassen“, so Dr. Steverding abschließend. „Wildtierschutz Deutschland setzt sich für einen gänzlichen Verzicht auf Feuerwerke ein, um das dadurch verursachte Leid von Tieren zu beenden.“