aus Newsletter von b.klares" vom 03.01.24

Wenn zu Silvester Raketen die Nacht erleuchten, beginnen für Rinder im Stall sehr stressige Stunden.
Was den Tieren hilft.

Seit Donnerstag, den 28. Dezember, dürfen Menschen in Deutschland wieder Böller und Raketen für Silvester kaufen. Im vergangenen Jahr wurden damit in Deutschland rund 180 Millionen Euro umgesetzt. Zum Jahreswechsel wird dieses Feuerwerk den Nachthimmel in bunte Farben hüllen - und ordentlich Lärm verursachen. Für Menschen mag das ein großer Spaß sein, für Tiere allerdings nicht. Nicht nur Hund, Katze oder Vogel leiden unter dem Lärm der Silvesternacht - auch Rinder sind stark betroffen. Warum das so ist, erklärt Wolfgang Müller im Gespräch mit dem Wochenblatt. Er ist Koordinator für Rinderhaltung bei den Bayerischen Staatsgütern. 

 

Rinder empfinden Lärm durch Feuerwerk als Schmerzen

Müller sagt, „auf Rinder haben Feuerwerk und Böller große Auswirkungen, denn der Hörsinn ist beim Rind der am stärksten ausgeprägte Sinn.“ Das Rind habe ein deutlich sensibleres Gehör als der Mensch, Rinder hörten Frequenzen zwischen 23.000 und 35.000 Hertz. „Geräusche nehmen die Tiere also deutlich intensiver wahr als der Mensch und reagieren dementsprechend ängstlicher. Was für uns laute Töne sind, sind für Rinder schmerzhafte Geräusche.“ Der Rinderexperte erklärt, aufgrund dessen würden die Tiere an Silvester sich oft stark erschrecken, denn der Lärm komme auch noch schlagartig. „Das kann eine Panik auslösen.“

 

An Silvester können Rinder auch im Stall in Panik geraten

us der Vergangenheit gebe es Berichte, wonach Rinder in der Silvesternacht Weidezäune niedergetrampelt hätten und sich selbst oder andere Tiere in ihrer Panik verletzt hätten. „Kritisch sind auch moderne Rinderställe mit Außenbereichen wie einem Laufhof, den die Tiere jederzeit betreten können.“ Denn auch dort könnten in Panik geratene Tiere auf die Straße geraten. Landwirte sollten also, so Müller, in der Silvesternacht auf keinen Fall Tiere im Laufhof oder auf der Weide haben, der Stall sollte zugesperrt sein. 

Bei Außenklimaställen sollte alles so dichtgemacht werden, dass von Außen auf die Rinder einprasselnde optische und akustische Reize so gut es geht abgefangen werden. „Wenn man Nachbarn hat, hilft es, im Vorfeld auf die Not der Tiere im Stall aufmerksam zu machen und darum zu bitten, Raketen und Böller möglichst weit weg vom Stall zu zünden.“ Landwirte könnten Verständnis dafür schaffen, dass Rinder sehr empfindlich auf Lärm reagieren. „Die Tiere leiden dabei Schmerzen“, erklärt der Rinderexperte. Viele Menschen wüssten das nicht und seien dankbar für solche Hinweise.

Landwirte sollten an Silvester oft nach ihren Rindern sehen

as trotz aller Vorbereitungen in der Silvesternacht nicht ausbleibt: Ein Rinderhalter muss laut Müller in der Silvesternacht regelmäßig nach seinen Tieren sehen, denn sie kennen „ihren“ Bauern und vertrauen ihm. An Silvester und Neujahr muss der Bauer viel Anwesenheit zeigen und sich besonders intensiv kümmern. „Das beruhigt die Rinder.“ Für die Tiere ist nicht nur der Lärm an sich eine große Belastung, er kommt auch noch zur Unzeit: Von rund 23 Uhr bis drei Uhr am Morgen erstreckt sich die typische Ruhephase in der Herde, „da liegen 80 bis 85 Prozent der Rinder“.

Da komme das Silvesterfeuerwerk „erst recht gewaltig heraus und trifft die Tiere mit ihrer feinen Sensorik - unerträglich für die Rinder“. Und, erläutert der Rinderexperte, wenn das Feuerwerk vorbei sei, unbedingt nach den Tieren schauen: „Ist kein Rind verletzt oder panisch? Ist keine Rakete auf dem Stall gelandet?“ Denn wenige Minuten der Panik im Stall würden ausreichen, dass Tiere etwa ausrutschen und sich ein Bein brechen oder andere niedertrampeln.

 

Für Bauern ist diese nächtliche Betreuung keine große Herausforderung, sie sind nächtliche Arbeit gewöhnt. Ob Fehler beim Melkroboter oder eine Kalbung - die Arbeit in der Landwirtschaft ruht nur sehr selten. Ein Trost für Rinderhalter: Die Tiere erholen sich laut Müller sehr schnell von diesem „Lärm-Inferno“ zu Silvester und Neujahr.